Fendt Farmer 305 LSA, Kabinendach
Peter Apian-Bennewitz , Stand vom 8.12.2023
retour zu meinen Fendt Notizen,
andere technische Notizen , home page
Dach Reparatur und Überarbeitung - wozu ?
Folgende Gründe sprechen für eine Überarbeitung des Dachs bei einem 30 Jahre alten Fendt Farmer 305:
- Dichtigkeit bei Regen, u.a. zur Vermeidung von Rost in der Kabine
- Erhaltung der mechanischen Stabilität des Dachs
- Aussehen
Der restliche Zustand des Fendt, die aufwendbare Zeit und die Kosten sollten einigermaßen zusammen passen: Es würde nur wenig Sinn machen,
sich um das Dach zu kümmern, wenn Getriebe, Chassis oder Motor im schlechtem Zustand sind. Eine Überarbeitung macht hingegen Sinn, wenn sonst
vergleichweise wenig Rost an der Kabine ist, der Traktor einsatzfähig ist, jedoch damit zu rechnen ist, das er hin-und-wieder ohne Unterstand im
Freien steht.
vorgefundener Zustand
Das Dach ist ein Glasfaser (GFK) Werkstück aus Glasfasermatten (kein Glasfasergewebe) und vermutlich Polyesterharz (UP Harz), das
ursprünglich beidseitig glatt, d.h. in einer Pressform hergestellt wurde.
Eine Glasfaser-Matte besteht aus kurzen, zufällig orientierten, Stückchen Glasfaser (2-3cm), die mit einem Kleber zu einer Matte
gebunden sind. Ein Glasfaser-Gewebe besteht aus gewebter Glasfaser ohne Bindemittel, genauso gewebt wie ein textiler Stoff. Die
durchgehenden Fäden verleihen dem Glasfaser-Gewebe eine deutlich höhere Zugfestigkeit.
Details des vorgefundenen Zustands:
- Die Verwitterung greift den Decklack und das UP Harz an, so daß nach 30 Jahren einzelne Fasern direkt frei liegen. Kleine Info: Wegen
der heraustehenden Fasern sollte man sich nicht quer über das Dach mit bloßen Armen abstützen.
- Alte Beschädigungen wurden durch den Vorbesitzer mehr oder wenig fachgerecht mit Spachtelmasse ausgebessert. Diese
Stellen wurden nur von außen ''zugeschmiert'' und sind daher nicht vollständig dicht, - und zudem dicker als das GFK Dach.
- Der Gummibelag der Dichtscheiben an der Dach-Verschraubung ist mürbe. Da die Schrauben in den Wasserkanälen des Dachs liegen, führt dies zu
Lecks nach innen.
- An mechanisch belasteten Stellen, z.B. um die Verschraubungen herum, zeigen sich Risse, von denen unklar ist, wie weit die in das GFK Gewebe
gehen. Diese Risse sollten verschlossen werden, um das Eindringen von Wasser zu vermeiden. Tiefere Risse sollten auf beiden Seiten mit neuem
Glasfasergewebe stabilisiert werden.
- Bei einer aufstellbaren Dachluke sind Verschraubungen, Blechscharniere und Haltewinkel als chromatierte Stahlteile ausgeführt, die nach 30
Jahren Rostansatz zeigen. Entweder durch eigene Nachbauten in VA ersetzen oder neu chromatieren lassen.
- Auf dem Dach angesammelter Schmutz besteht z.T. aus Ruß, der offensichtlich noch Rest-Öl Partikel enthalten kann, die eine neue Benetzung
mit Lack oder Harz stören.
- Original- und zusätzliche Aufkleber sind verwittert, die und die Klebereste sollten entfernt werden
Ersatzteil oder Reparatur
Es gibt (Stand Mai 2017) dieses Dach als Ersatzteil von Fendt/Agco, samt Kleinteile. Das ist nett von Agco, bei anderen Geräten gibt es nach 30
Jahren nichts mehr. Der Preis liegt laut Raiffeisen-Technik bei etwa 1500EUR, was nicht gerade billig scheint - aber mit der Bevorratung und
dem Support durch Fendt verglichen werden muss, sowie dem Aufwand einer eigenen Reparatur. Ein Fabrik-neues Dach hat zudem immer mehr
Stabilität und Lebensdauer als ein überholtes: Bei näherer Betrachtung und nach Reinigung finden sich z.B. noch mehr Risse (siehe Bild
unten): In diesen Mikrorissen hat sich im Laufe der Zeit Dreck angesammelt, der praktisch nicht entfernbar ist. Sie werden durch die
Reparatur zwar überdeckt, aber nicht vollständig gefüllt und bleiben daher auf Dauer eine Schwachstelle im GFK Verbund. Ggf sind sie später
der Startpunkt größerer Risse.
Abgesehen davon braucht eine eigene Reparatur mindestens einen Faktor 3 bis 10 mehr Zeit als vorher eingeplant.
Wenn Sie trotzdem finden, das Selber-machen prinzipiell einen Vorteil hat, sowie viel Unterhaltung am Wochenende bietet, - dann bitte.
Als Minimallösung wäre es denkbar (Rat des Händlers), das Dach im eingebauten Zustand mit Pinsel oder Rolle zu lackieren. Werden dabei
PU-Acryllacke verwendet, ist wohl durchaus eine ausreichende Wetterfestigkeit erreichbar. Dieses Vorgehen hat jedoch Nachteile: Der Zustand
des Unterbaus unter dem Dach bleibt unbekannt, Rost an Schrauben bleibt, Rost an Halterung der Dachluke bleibt und eine Untersuchung auf
durchgehende Risse ist im eingebauten Zustand nicht möglich.
Reinigung nach Ausbau
Das Dach ist relativ einfach abbaubar: Dachhimmel (Innenverkleidung) und Frontlampen können bleiben wo sie sind. Die Rückleuchten demontieren, deren
Kabel zurückziehen, dito Antenne, Dichtung zwischen Dach und Innenverkleidung an der Luke abziehen, alle Schrauben am Dach lösen, außer den
4 Schrauben am Scharnier der Luke. Das Dach ist nicht besonders schwer, aber ein sicherer Stand und wenig Wind sind notwendig, wenn man das
allein abhebt.
Die Verfahren zur Reinigung sollen Schmutz entfernen, ohne die noch vorhandene GFK Struktur zu schädigen. Besonders die Dachluke machte im
meinem Fall einen mürben Eindruck, stellte sich aber als stabil heraus, nur die oberste Schicht war abgewittert. Mögliche Reinigungsmethoden
sind:
- Hochdruckreiniger mit standard Düse: brauchbar, sofern das GFK eine ausreichende Rest-Stabilität hat. Lose Ecken und Kanten sollten zuvor mit
Epoxyharz gesichert werden. Strahlwinkel 45 bis 90 Grad, einzelne Glasfasern können aus dem Verbund gerissen werden (siehe Bild).
Die Reinigungswirkung ist gut, siehe Bild des Dachs mit "sauberem" Streifen auf der linken Seite. Nach dem Reinigen vollständig trocknen
lassen, auch in den Rissen, d.h. einige Tage im Warmen.
- Exzenter-Schleifer: brauchbar, braucht aber Vorsicht, da der alte UP Harz sehr schnell abschleift. Auch alte Spachtelmasse braucht eher
240er oder 400er Papier als 120er oder 180er. Behutsamkeit bei Ecken und Kanten ist angeraten.
- Silikon-Entferner: brauchbar für kleine Stellen öligen Schmutzes
- Benzin: wenig brauchbar, verschmiert ölhaltigen Schmutz über eine größere Fläche und in die Tiefe
- Aceton, Alkohol, Backofenspray (war auch schon im Web zu lesen): abzuraten.
Besonders das Einbringen von Chemie unbekannter Zusammensetzung in das angewitterte GFK und Polyester kann langfristig keine gute Idee sein.
- Dampfstrahler: nicht getestet und eher abgeraten, da der Einfluss der Temperatur auf die Stabilität des alten UP Harzes unklar
ist. "Dreckfräsen" für Hochdruckreiniger wären wohl ebenfalls zu abrasiv.
Im vorliegenden Fall wurden 4 kleine Stellen (2-5cm), die bereits von außen mit Spachtelmasse geschlossen waren, von Innen mit Epoxyharz und
einem 100mm Streifen Glasfasergewebe (120g/m²) hinterlegt. Das Epoxyharz dringt dabei auch in Risse der Spachtelmasse und in den Rest der
an dieser Stelle gebrochenen Glasfasermatte, was die Bruchstelle stabilisiert.
Nach Aushärten des Epoxy können diese Stellen von außen angeschliffen und geglättet werden, ohne das die Spachtelmasse ausreißt (siehe Bild
oben).
neue Schichten
Nach Reinigung und Schliff ist folgendes möglich:
-
Dünnflüssiges Epoxyharz für GFK/CFK Laminate, aufgetragen mit Pinsel. Ergibt eine Schicht mit sehr gutem Tränkverhalten der alten Glasfasern und
ggf freiliegender Glasfasermatte. Das ergibt ein stabile Reparatur, fast wie neu.
Dem Harz kann Farbpaste (z.B. RAL9010) zugegeben werden. Da die Zugabe nur wenige Prozent sind, deckt das farblich zwar nicht so gut wie
Epoxy Lack, bringt den Farbton aber bereits in die gewünschte Richtung.
Die Flächen sollten vorher gereinigt werden, auch wenn deren Stabilität fraglich ist, sonst benetzt das Harz nicht gleichmäßig.
Ein dann notwendiges Flächen-Schleifen des ausgehärteten Epoxy ist zeitaufwendig.
Die einzigen Teile, die eine Reinigung mit Hochdruckreiniger nicht intakt überstanden hätten sind die Abdeckungen der Rückstrahler.
In deren Fall war der direkte Auftrag des Epoxyharzes auf das dünne und mürbe Material die einzig verbleibende Methode.
-
Zusätzlich kann eine neue Lage Glasfasergewebe (dünnes 49g/m² bis mittleres 120g/m² Flächengewicht) mit auflaminiert werden. Für die
Auflage einer 1.2m breiten Bahn über die gesamte Dachfläche ist dies wegen den Wasserkanälen etwas mühsam, wenn vorher keine Erfahrung mit
dem Laminieren von Glasfasergewebe um Ecken und Kanten besteht. Verhältnismäßig einfach ist ein 50mm oder 100mm Glasfaserstreifen mit
120g/m² entlang der Dachkanten von vorn nach hinten aufzubringen. Die meisten Brüche waren in diesem Bereich, vermutlich durch
seitliche Schlageinwirkung, was die Verstärkung in diesem Bereich motiviert.
Was sich auf alle Fälle anbietet, ist ein Verstärkungstreifen um die Aufhängung der hinteren Arbeitsscheinwerfer am Dach. Die ist mechanisch von
Fendt keine stabile Lösung, wie Risse durch das GFK zeigen.
-
Dasselbe ist auch mit UP Polyesterharz anstelle des Epoxyharzes denkbar. Nach Literatur ist aber Epoxy schlagzäher als UP, weshalb im
vorliegenden Fall Epoxy verwendet wurde. Jedoch ist UP Harz in Verbindung mit Glasfasermatten nach Literatur einfacher um Kanten zu
legen, da sich die Bindung der Matte im Styrol des UP Harz auflöst.
-
Grundierung mit 2k Epoxylack, z.B. Mipa EP100-20, RAL9010, "Reinweiß". Verbrauch etwa 0.4l für das Dach, was der vom Hersteller angegebenen
Ergiebigkeit entspricht. Der Epoxylack ist anwendungsbedingt durch Zusatzstoffe thixotrop und zähflüssiger als das reine Epoxyharz. Offenes Gewebe
wird daher nicht durchtränkt, die Epoxygrundierung bleibt an der Oberfläche. Es lohnt daher auf "mürbe" Stellen vorher das niedrigviskose
Epoxyharz für GFK/CFK Laminate anzuwenden.
-
Schlusslackierung mit 2k PUR schlagzähem Industrielack für Baumaschinen, z.B. Mipa PU242-90, RAL9010, "Reinweiß", etwa 0.3l .
Zur maximalen Reflexion und damit weniger Erwärmung des Dachs im Sommer wurde dieser hochglänzende Lack verwendet, auch wenn
dadurch Unregelmäßigkeiten im Lackaufbau mehr auffallen als bei Seidenmatt.
Details
Bruchstelle mit alter Spachtelmasse, nach Hinterkleben, Reinigung und Anschleifen. Die Verfärbung links kommt durch die Spachtelmasse,
auffällig sind auch die oberflächigen Risse ausgehend von der Befestigung. Vor dem Lackieren wird die Kerbe in der alten Spachtelmasse noch
geglättert. (Zum Maßstab: die Bohrung hat etwa 6mm Durchmesser)
|
|
Typische Oberflächenstruktur des alten GFK Daches nach dem Hochdruckreinigen, mit Mikrorissen. Maßstab [cm]
|
|
Riss in der Versteifungsrippe der Dachluke, auf der Innenseite in der Nähe des Befestigungspunkts des Blechscharniers. Ein ähnlicher Riss tritt auf
der anderen Seite der Dachluke auf, vermutlich sind die Zugspannungen durch die Gasdruckfeder in diesem Bereich auf Dauer zu groß.
|
|
vorher - nachher
sonstiges
- Gasdruckfedern der Dachluke: alter Stabilus Typ: 5856UH . Nachfolgertyp Stand 2017, laut Stabilus: 327964 , Nennkraft 120N
- hintere Arbeitsleuchten am Dach: Lochabstand 60mm, Umriss ca (B x H x T) 170 x 90 x 75 mm, Typ Hella "302-125 871-01",
2 Laschen mit M8 Schaftschraube, Breite des Stegs 28mm, Befestigung der Laschen am Dach mit je 2 Schlosschrauben M6x17
Verschraubung der Kabeldurchführung: Nennmaß PG9 (etwa 14mm Durchmesser)
- umlaufendes Dichtprofil zwischen Dachluke und Innenverkleidung: Agco Teilenummer 281507230550
disclaimer/Haftungsauschluss
Der Text ist mit Sorgfalt zusammengestellt, aber bietet keinerlei Gewähr oder gar Haftung für irgendeinen Inhalt und Aussage. Wenn Ihr Dach
danach schlechter ist als vorher - Ihr Problem.
weiteres
Keine Haftung für den Inhalt externer Seiten:
copyright
Peter Apian-Bennewitz, info[AT]pab-opto.de,
Text, Bilder von mir.
Die Angabe dieser Quelle wird geschätzt und sollte selbstverständlich sein, wenn der Inhalt wo anders verwendet wird.
Das ist kein Rat, das ist Pflicht.
Copyright GNU_Free_Documentation_License.
web address of this page: http://pab-opto.de?d=/pers/fendt
Datenschutzerklärung , Impressum
page contents © pab